Arbeitsstättenverordnung – Inhalt, Ziele, Gültigkeit

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bildet den gesetzlichen Rahmen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz Beschäftigter beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (Fabrikhallen und Büroräumen, Arbeitsplätzen im Freien und Verkaufsständen einschließlich Nebenräumen und Verkehrswegen sowie Baustellen).

Neben der Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten regelt sie die menschengerechte Gestaltung von Arbeit. Die erste Fassung wurde im Jahr 1975 erlassen. Eine Neufassung im Jahr 2004 nahm die EU-Arbeitsstätten-Richtlinie 89/654/EWG auf, 2016 wurden weitere Anpassungen zugunsten des technischen Fortschritts übernommen.

Ziele der Arbeitsstättenverordnung

Das Ziel der Verordnung ist das Sicherstellen der Sicherheit am Arbeitsplatz, um Unfällen und Berufskrankheiten vorzubeugen. Entsprechend sind in der ArbStättV Richtlinien zu Luft-, Klima- und Lichtverhältnissen, sozialen Einrichtungen und dem Nichtraucherschutz sowie Flucht- und Rettungswegen, Raumabmessungen und Schutz gegen Gase enthalten. Darüber hinaus sind durch den Arbeitgeber laut des Gesetzes Anforderungen an die Barrierefreiheit des Arbeitsplatzes einzuhalten. Seit 2016 ist auch die Bildschirmarbeitsverordnung, die Anforderungen an Büroarbeitsplätze sowie die Gestaltung von Arbeitsplätzen mit Bildschirmgeräten enthält, in die Verordnung integriert. Die allgemeinen Ziele sind entsprechend der Verhältnisse des jeweiligen Betriebes umzusetzen, wobei die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) die praktische Umsetzung erleichtern sollen.

Gültigkeit

Die Reichweite der ArbStättV umfasst alle Orte sowohl innerhalb von Gebäuden als auch im Freien, die sich auf einem Betriebsgelände befinden und zu denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben. Dazu zählen auch Baustellen.

Ausgenommen vom Wirkungskreis der ArbStättV sind hingegen

  • Bergbaubetriebe
  • Tele- und Heimarbeitsplätze
  • mobile Arbeit in Dienstfahrzeugen
  • Arbeitsstätten im Reisegewerbe und Marktverkehr
  • Land- und forstwirtschaftliche Betriebe außerhalb der bebauten Flächen
  • Transportmittel im öffentlichen Verkehr (Straßen-, Schienen-, Luftfahrzeuge)

Nicht ausgenommen von der Regelung sind hingegen

  • Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände (z. B. Werksverkehr, Flurförderfahrzeuge)
  • Verkaufsstände im Freien vor Kaufhäusern
  • moderne Büros mit Desk-sharing
  • Unterkünfte auf Baustellen

Inhalte der Verordnung

Die Verordnung gliedert sich zunächst in einen allgemeinen Paragrafenteil sowie einen Anhang, in dem für Arbeitsstätten spezifische Inhalte erfasst sind. Weitere Details sind in den neu geschaffenen Technischen Richtlinien für Arbeitsstätten festgehalten.

Paragrafenteil

  • § 1 Ziel, Anwendungsbereich,
  • § 2 Begriffsbestimmungen
  • § 3 Gefährdungsbeurteilung
  • § 3a Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (Sicherheit, Gesundheit, Barrierefreiheit)
  • § 4 Besondere Anforderungen an das Betreiben von Arbeitsstätten (Instandhaltungspflichten, Freihalten von Fluchtwegen, Sicherheitseinrichtungen, Erste-Hilfe, Hygiene)
  • § 5 Nichtraucherschutz
  • § 6 Unterweisung der Beschäftigten (Sicherheit, Erste-Hilfe, Gesundheitsschutz, Brandverhütung)
  • § 7 Ausschuss für Arbeitsstätten (Aufgaben des ASTA)
  • § 8 Übergangsvorschriften
  • § 9 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (Verstoß gegen ArbStättV)

Anhang

1. Allgemeine Anforderungen: Konstruktion und Festigkeit von Gebäuden, Abmessungen von Räumen/Luftraum, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung, Energieverteilungsanlagen, Fußböden/Wände/Decken/ Dächer, Fenster/Oberlichter, Türen/Tore, Verkehrswege, Fahrtreppen/Fahrsteige, Laderampen, Steigleitern/Steigeisengänge.
2. Maßnahmen zum Schutz vor besonderen Gefahren: Schutz vor Absturz/herabfallenden Gegenständen/ Betreten von Gefahrenbereichen, Maßnahmen gegen Brände, Fluchtwege und Notausgänge.
3. Arbeitsbedingungen: Bewegungsfläche, Anordnung der Arbeitsplätze, Ausstattung, Beleuchtung und Sichtverbindung, Raumtemperatur, Lüftung, Lärm.
4. Sanitärräume / Pausen- und Bereitschaftsräume / Erste-Hilfe-Räume, Unterkünfte: Sanitärräume, Pausen- und Bereitschaftsräume, Erste-Hilfe-Räume, Unterkünfte.
5. Ergänzende Anforderungen an besondere Arbeitsstätten: Nicht allseits umschlossene und im Freien liegende Arbeitsstätten, zusätzliche Anforderungen an Baustellen.
6. Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen: Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze, Bildschirme und -geräte sowie Benutzerfreundlichkeit, Arbeitsmittel für die ortsgebundene Verwendung an Arbeitsplätzen und die ortsveränderliche Verwendung an Arbeitsplätzen.

Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

Die ASR geben den „Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie die sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse“ entsprechend § 4 Arbeitsschutzgesetz für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder. Die einzelnen Richtlinien werden durch den Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) erarbeitet und treten nach der Veröffentlichung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBI) in Kraft. Wo alte Regelungen noch nicht durch neue ersetzt wurden, gelten die alten Regelungen weiter. Wählt der Arbeitgeber eine von der ASR abweichende Lösung, muss mindestens die gleichen Anforderungen erfüllen, die die ASR vorgibt.

ASR-Nr. Bezeichnung
ASR A1.2 Raumabmessungen
und Bewegungsflächen
ASR A1.3 Sicherheits-
und Gesundheitsschutzkennzeichnung
ASR A1.5/1,2 Fußböden
ASR A1.6 Fenster,
Oberlichter, lichtdurchlässige Wände
ASR A1.7 Türen und
Tore
ASR A1.8 Verkehrswege
ASR A2.1 Schutz vor
Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen
ASR A2.2 Maßnahmen
gegen Brände
ASR A2.3 Fluchtwege
und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
ASR V3a.2 Barrierefreie
Gestaltung von Arbeitsstätten
ASR A3.4 Beleuchtung
ASR A3.4/3 Sicherheitsbeleuchtung,
optische Sicherheitsleitsysteme
ASR A3.5 Raumtemperatur
ASR A3.6 Lüftung
ASR A4.1 Sanitärräume
ASR A4.2 Pausen- und
Bereitschaftsräume
ASR A4.3 Erste-Hilfe-Räume,
Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe
ASR A4.4 Unterkünfte

Umsetzung

Die Grundlage für die Umsetzung der Maßnahmen innerhalb eines Betriebes ist immer die Gefährdungsbeurteilung, die vor der Aufnahme von Tätigkeiten erfolgen muss Deshalb nennt man dies auch eine vorausschauende Gefährdungsbeurteilung.
Die Aufsicht über die Einhaltung der Richtlinien obliegt je nach Bundesland dem Gewerbeaufsichtsamt oder dem Amt für Arbeitsschutz bzw. in Baden-Württemberg Landratsamt oder Stadtkreis, in Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierung. Ein Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Kontrollen erfolgen unangemeldet und können bei Nichteinhaltung zu Bußgeldern oder der Stilllegung des Betriebes führen. Zusätzlich erfüllen die Berufsgenossenschaften durch einen Präventionsauftrag durch Unfallverhütungsvorschriften an der praktischen Umsetzung der ArbStättV mit. Da sich die allgemein formulierten Ziele nicht immer in konkrete Maßnahmen umsetzen lassen, bedarf es neben der Berücksichtigung der ASR, Aspekten des aktuellen Stands der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene, berufsgenossenschaftlicher Vorschriften, Normen sowie wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sind diese Aspekte umfassend berücksichtigt, kann davon ausgegangen werden, dass die Schutzziele erreicht sind und für den Arbeitgeber Rechtssicherheit besteht.

Mitwirkungsrechte

In Betrieben haben Betriebsräte, Personalräte, Schwerbehindertenvertreter und Gleichstellungsbeauftragte das Recht zur aktiven Mitgestaltung der Arbeitsstätte sowohl in der Planungsphase als auch im laufenden Betrieb. Ist kein Betriebsrat vorhanden, müssen alle Beschäftigten zu Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen angehört (nicht nur informiert) werden.