Versorgungssicherheit

Der Ukraine-Krieg und die weitgehende Einstellung der Gaslieferungen aus Russland führen zur wachsenden Sorge in der Bevölkerung, ob die Versorgungssicherheit vor allem in den Wintermonaten gewährleistet ist. Auch die Energiewende und der europäische Stromhandel stellen die deutschen Strom- und Gasnetze vor neue Herausforderungen. Wie ist es also in Deutschland um die Versorgungssicherheit bestellt?

Versorgungssicherheit als Staatsziel

Die Politik gewährleistet die Versorgungssicherheit der Bevölkerung, weshalb diese als Staatsziel zu verstehen ist. Dies ist auch in Art. 194 Abs. 1 AEUV verankert, wonach die EU-Mitgliedstaaten die Sicherstellung des Funktionierens eines Energiemarkts, die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Europäischen Union und die Förderung der Interkonnektion der Energienetze sicherstellen.

Dabei gilt es, auf internationaler Ebene Risiken wie Konflikte, politische Entwicklungen, wirtschaftliche Veränderungen wie Preisentwicklungen, aber auch umwelt- und klimapolitische Fragen und die wachsende Nachfrage in den produzierenden Staaten zu berücksichtigen. Damit hat die Energiesicherheit eine ökonomische, ökologische, soziale und geopolitische Komponente gleichermaßen.

Das Ziel ist im Energiewirtschaftsgesetz, das 1975 in Kraft trat, verankert und bezeichnet die Sicherheit der leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas als Aufgabe, die sich auch in der Arbeit der Bundesnetzagentur widerspiegelt. Es soll gemäß § 1 Abs. 1 EnWG eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, garantieren.

Zudem überwacht das Bundeswirtschaftsministerium auf Grundlage des Strommarktgesetzes seit 2008 die Sicherheit der Stromversorgung sowie des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage und veröffentlicht die Ergebnisse seit 2015 alle drei Jahre in einem Bericht.

Aspekte der Versorgungssicherheit

  • Strom- und Gasnetze müssen in der Lage sein, ihre Transportaufgaben zu erfüllen
  • ausreichende Erzeugungskapazitäten sind notwendig, um den prognostizierten Energiekonsum zu decken
  • belastbare Regelungsmechanismen müssen sicherstellen, dass die Netzstabilität auch dann gewahrt wird, wenn sich Einspeisungen in und Entnahmen aus dem Netz nicht die Waage halten
  • die Netze müssen hinreichend gegen Eingriffe Dritter abgesichert sein (IT-Sicherheit)

(https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/start.html)

Damit einher gehen unterschiedliche Wirkungsbereiche der Versorgungssicherheit beziehungsweise der Energieversorgungssicherheit, die die dauerhafte Verfügbarkeit von Energieträgern und Nutzenergie für Energieverbraucher:innen beinhaltet und aus den vier Komponenten Vorhandensein, Erschwinglichkeit, Akzeptanz und Zugänglichkeit besteht.

Versorgungssicherheit in der Stromerzeugung

Versorgungssicherheit in der Stromerzeugung bedeutet, dass immer so viel Strom erzeugt wird, wie die Verbraucher nachfragen. Die Preisbildung erfolgt dabei ohne staatliche Einmischung, die Anbieter müssen den gehandelten Strom auch vorrätig halten. Die Versorgungssicherheit ist in Deutschland trotz der engen Verstrickung mit dem EU-Ausland durch europaweit einmalige Sicherheitsreserven gewährleistet.

Versorgungssicherheit im Stromnetz

Damit das leistungsstarke deutsche Stromnetz auch bei der Energiewende weiterhin die vorderen Plätze im internationalen Vergleich belegt, bedarf es einer Optimierung und Ausbaus. Netzbetreiber führen Systemanalysen durch und dürfen bei Bedarf auf jede erneuerbare Energieanlage und jedes Kraftwerk zugreifen und Sicherheitsreserven von sogenannten Netzreservekraftwerken nutzen, um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten.

Versorgung mit Brennstoffen

Die Stromerzeugung benötigt Brennstoffe. Hierfür gibt es langfristige Lieferverträge, wobei insbesondere Steinkohle und Erdgas aus dem Ausland stammen. Eine möglichst große Diversität an Lieferländern und Transportrouten soll den Wettbewerb steigern und die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten verringern.

Versorgungssicherheit bei Nahrungsmitteln und Wasser

Da Nahrung zu den Grundbedürfnissen von Menschen gehört, soll auch hier eine Versorgungssicherheit herrschen. Dies gilt vor allem für Agrarprodukte, die im Zuge von Autonomie und Selbstversorgung unabhängig vom Ausland mit heimischer Landwirtschaft erzeugt werden sollen. Die gemeinsamen EU-Ziele der Agrarpolitik sind in Art. 39 AEUV festgehalten und beinhalten

  • Produktivitätssteigerung
  • Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung der Landwirte
  • Stabilisierung der Agrarmärkte
  • Sicherstellung der Versorgung
  • Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Agrarpreisen

In Deutschland findet dieses Gesetz in §1 LwG seinen Niederschlag und wird zusätzlich durch die Lagerhaltung ziviler Notvorräte gewährleistet.

Hohe Versorgungssicherheit in Deutschland

Mit Ausfallzeiten von durchschnittlich 12,2 Minuten im Jahr 2019 im Mittel- und Niederspannungsnetz gehört die deutsche Stromversorgung mit einer Zuverlässigkeit von 99,9 % zu den Spitzenplätzen. Die Engmaschigkeit des Netzes macht es deutlich weniger anfällig für Störungen als in anderen europäischen Ländern.

Die zunehmende Einspeisung regenerativer Energien in das Stromnetz stellt die Versorger zwar vor neue Herausforderungen, doch sorgen Bestrebungen zum Ausbau und der intelligenten Kopplung der Netze auch bei Leistungsschwankungen für eine stabile Versorgung.

Trotz des geplanten Atomausstiegs und der Reduzierung der Gaslieferungen aus Russland muss in Deutschland nicht mit Engpässen bei der Stromversorgung gerechnet werden, da das Land mehr Strom erzeugt als verbraucht, d. h. große Mengen in das nahegelegene Ausland exportiert.

Alarmstufe des Notfallplans

Ende Juni 2022 hat die Bundesregierung aufgrund des anhaltenden Konflikts mit Russland die Alarmstufe des Notfallplans Gas aktiviert. Das bedeutet eine verstärkte Beobachtung des Marktes sowie enge Absprachen mit den Netzbetreibern. Dank der Vorsorgemaßnahmen der vergangenen Monate ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet, die Fortschritte bei der Suche nach Alternativen zu russischem Gas führten zu einer aktuell stabilen Lage. Allerdings betont die Bundesnetzagentur weiterhin die Bedeutung des Sparens beim Gasverbrauch.

Auch erneuerbare Energien bieten Versorgungssicherheit

Die Produktion von Energie aus Wind, Wasser und Sonne ist naturgemäß von klimatischen Bedingungen abhängig und unterliegt daher saisonalen Schwankungen. Dennoch ist es mithilfe der erneuerbaren Energien möglich, die Versorgungssicherheit auch ohne Kohle, Gas oder Atomkraftwerke sicherzustellen – nicht zuletzt, weil z. B. Biomasse oder Wasserkraft beständig Strom liefern. Schon jetzt decken sie rund 50 % des jährlichen Strombedarfs in Deutschland. Um der wachsenden Nachfrage, die sich durch E-Autos, elektrische Wärmepumpen oder andere Zukunftstechnologien ergibt, dauerhaft begegnen zu können, ist jedoch ein massiver Ausbau notwendig.

Um der schwankenden Energiegewinnung zu begegnen, empfiehlt sich ein Stromsystem mit den nötigen Kapazitäten für Speicher, Nachfragemanagement, Stromhandel und Spitzenlastdeckung. Zu dessen Umsetzung bestehen bislang jedoch noch einige rechtliche Hürden, die einen flächendeckenden Ausbau verzögern. Das betrifft beispielsweise den internationalen Stromhandel, aber auch den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken und Batteriespeichern, um eine reibungslose Stromversorgung zu garantieren.

Daneben gilt es, den Ausbau von Kraftwerken auszubauen, die nicht mit Erdgas, sondern mit Wasserstoff betrieben werden. Ab etwa 2030 soll der klimaneutrale Grüne Wasserstoff dafür sorgen, dass auch in Spitzenzeiten ausreichend Strom zur Verfügung steht. Bis dahin erfolgt der Betrieb dieser Kraftwerke mit Grauem Wasserstoff, der aufgrund seiner hohen CO2-Emissionen klimaschädlich ist.

Vorbereitung auf die Versorgungssicherheit der Zukunft

Schon jetzt besteht die Möglichkeit, den eigenen Energiebedarf im privaten wie auch gewerblichen oder industriellen Bereich durch Photovoltaikanlagen, Wärmetauscher und Wärmerückgewinnungsanlagen zu reduzieren. Auch wird Erdgas, das zum Heizen in rund 20 Mio. Haushalten und weiteren 1,8 Mio. Industrie- und Gewerbebetrieben genutzt wird, ein Anteil von bis zu 10 % Wasserstoff beigemengt. Um hier auch für größere Anteile von bis zu 30 % gerüstet zu sein, ist eine sogenannte H2-ready-Anlage erforderlich. Planen Sie eine Modernisierung eines bestehenden Heizungssystems, empfiehlt sich die Beratung durch Expert:innen, die mit ihrer Expertise eine effiziente Lösung erarbeiten, die nicht nur energiesparend und technisch auf dem neuesten Stand ist, sondern auch die Entwicklungen der Zukunft berücksichtigt.