Anwendung von grünem Wasserstoff in der Industrie

Im Zuge des Klimawandels strebt auch die Industrie eine Energiewende an. Viele Bereiche werden elektrifiziert, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Wo das nicht möglich ist, kommt vielfach Wasserstoff zum Einsatz. War seit mehreren Jahrzehnten Grauer Wasserstoff vorherrschend, der sich ebenfalls durch Emissionen auszeichnet, stellt inzwischen Grüner Wasserstoff eine zukunftsweisende Perspektive dar, um den Industriesektor klimaneutraler zu gestalten.

Vorteile von Grünem Wasserstoff

Seit rund zehn Jahren kommt Wasserstoff in der Energiewirtschaft als Speicher und als Strom- und Wärmeerzeuger zum Einsatz.
Doch nicht nur in der Industrie, dem Verkehr, wo Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen angetrieben werden können und damit leidglich Wasserdampf ausstoßen, sowie in der Stromerzeugung spielt Wasserstoff seine Vorteile aus: Eine steigende Beimischung zum Erdgas, das derzeit rund 20 Mio. Haushalte und weitere 1,8 Mio. Industrie- und Gewerbebetriebe beheizt, sorgt für weniger Emissionen und reduziert die Nutzung fossiler Brennstoffe. Erste Projekte testen hier bereits eine Erhöhung des Anteils von derzeit 10 % auf 30 %.

Bei der Verwendung als Kraftstoff im Verkehr stößt ein Fahrzeug lediglich Wasserdampf aus, d. h. die CO2-Emissionen durch umweltschädliche Abgase entfallen. Nötig ist hier eine Brennstoffzelle, mit sich praktisch Lkws, Schiffe und auch Flugzeuge antreiben lassen.

Wenngleich sich die Energiewirtschaft bislang bei der Dekarbonisierung vor allem auf den unmittelbaren Strombedarf konzentriert hat, wird Grüner Wasserstoff aller Voraussicht nach in Zukunft eine tragende Rolle spielen, um die Klimaziele der Bundesregierung noch zu erreichen.

Anwendungsbereiche von Grünem Wasserstoff in der Industrie

Wasserstoff – das kleinste und leichteste Element im Periodensystem, aus dem rund drei Viertel der Gesamtmasse unseres Sonnensystems besteht - eignet sich für Bereiche, die sich nicht direkt mit Strom betreiben lassen. Die Anwendungsbereiche in er Industrie sind absolut vielfältig.

Wasserstoff als Kraftstoff und Energiespeicher

Hier stellt er eine alternative (Zwischen-)stufe für klimaneutrale gasförmige und flüssige Kraftstoffe dar. So ist es beispielsweise möglich, Grünen Wasserstoff in der Industrie zum Beheizen von Brennöfen zu nutzen.

Wasserstoff ist in der Lage, regenerativ erzeugten Strom zwischenzuspeichern und eignet sich daher zum Ausgleich eines schwankenden Energiebedarfs. Nötig sind dafür beispielsweise Brennstoffzellenkraftwerke. Durch andere Umwandlungsschritte ist eine Verwendung als Alternative zu flüssigen und gasförmigen Treibstoffen möglich.

Herstellung von Grünem Stahl

Künftig ist auch eine Nutzung bei der Herstellung von Grünem Stahl denkbar. Dieser wird anstelle von Kohlenstoff mit Wasserstoff als Reduktionsmittel produziert. Und auch grundsätzlich eignet sich Wasserstoff zum Einsatz in der Metallurgie, um Metallerze zu reduzieren. Wenngleich die Entwicklung hier noch am Anfang steht, erscheint das Potenzial groß. So untersucht das Bundesforschungsministerium die Umsetzbarkeit derzeit in einem eigenen Forschungsprojekt.

Wasserstoff in der chemischen Industrie

In der chemischen Industrie hingegen kann Wasserstoff in vielen Fällen Erdöl als Rohstoff ersetzen.

Auch als Ausgangsstoff für einfache chemische Verbindungen ist Grüner Wasserstoff bestens geeignet. So ist der Bedarf an Ammoniak (chemische Zusammensetzung aus einem Stickstoff-Atom und drei Wasserstoffatomen, NH3) weltweit enorm – und weltweit weiter steigend. Ein Großteil wandert in die Produktion von Düngemitteln, aber auch Amine haben ihren Ursprung im Ammoniak. Diese wiederum dienen als Bestandteil von Kunststoffzusätzen bis zu Medikamenten.

So wie Ammoniak als Baustein für Stickstoffverbindungen dient, ist auch Methanol ein Ausgangsstoff für Kohlenstoff-basierte Chemikalien wie Formaldehyd oder Ameinsensäure. Die Herstellung erfolgt aus einem Gemisch von Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Diese Dampfreformierung von Methan, das in Erdgas vorhanden ist, stellt aktuell auch grundsätzlich das wichtigste Verfahren von Wasserstoff dar. Allerdings ist der Wasserstoff aufgrund des fossilen Energieträgers Gas nicht klimaneutral, sondern wird als Grauer Wasserstoff bezeichnet.

Schließlich ist auch die Petrochemie als Anwendungsbereich für Grünen Wasserstoff in der Industrie zu nennen. Hier dient Wasserstoff als Reinigungsmittel, um die schwefelhaltigen Stoffe aus Erdöl und Erdgas zu entfernen. Das Verfahren, bei dem zugesetzter Wasserstoff an einem Katalysator mit dem Schwefel zu Schwefelwasserstoff reagiert, nennt sich Hydrodesulfurierung und erzeugt nebenbei einen Großteil des weltweiten Schwefelbedarfs. Daneben dient das so genannte Hydrocracken dazu, schwere Rückstände bei der Raffination in leichte zu transferieren, um daraus Kerosin oder Diesel zu erzeugen.

Herstellung von Grünem Wasserstoff

Der Herstellung von Wasserstoff liegt das Verfahren der Elektrolyse zugrunde. Dabei wird Wasser mittels Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Die elektrische Energie wird dabei in chemische Energie umgewandelt und im Wasserstoff gespeichert. Bekannt ist das Verfahren auch als Power-to-gas. Stammt der Strom zur Aufspaltung des Wassers dabei aus regenerativen Energien, spricht man von Grünem Wasserstoff. In weiteren Herstellungsverfahren wie der Pyrolose entsteht der türkise Wasserstoff, der durch die dauerhafte Lagerung des entstehenden CO2 ebenfalls klimaneutral ist. Bislang am weitesten verbreitet ist allerdings der Graue Wasserstoff.

Weiterentwicklung der Infrastruktur dank Förderungen

Sowohl auf nationaler wie auch internationaler Ebene finden aktuell strategische Weichenstellungen innerhalb der Nationalen Wasserstoffstrategie statt, Fördermittel bieten Anreize für wirtschaftliche Investitionen. So sollen die bisher hohen Herstellungskosten durch weitere Forschungsprojekte reduziert und der Ausbau erweitert werden. Das ist notwendig, um das komplexe System aus Energieträgern, Infrastrukturen und Anwendungen zu etablieren und das Potenzial des grünen Wasserstoffs für die Energiewende zügig vollumfänglich nutzen zu können.

So bedarf es eines politischen und rechtlichen Rahmens, um eine intelligente Nutzung der vorhandenen Gasinfrastruktur zu nutzen. Dieses bereits vorhandene, leistungsstarke System mit den größten Gasspeicherkapazitäten Europas wird zwar bereits heute für klimaneutrale Gase wie Biogas genutzt, muss für die steigende Nutzung klimaneutraler Gase allerdings weiter modernisiert werden.

Doch nicht nur die Wasserstoffproduktion soll erweitert werden. Um den Bedarf großer Mengen von Grünem Wasserstoff zu decken, ist auch der Ausbau der regenerativen Energien – insbesondere der Windkraftanlagen an Land und Offshore – nötig. Auch hier bedarf es des Abbaus von Hemmnissen, um Investitionen leichter zu gestalten.

Import von Grünem Wasserstoff zur Anwendung in der Industrie

Als besonders vorteilhaft erweist sich die Herstellung von Grünem Wasserstoff an Orten, die besonders sonnen- oder windreich sind – wie z. B. der schottischen Halbinsel, der Küste Kanadas, Australien oder auch Südamerika. Von dort kann der Wasserstoff dann über Pipelines oder Tankschiffe zum Verwendungsort transportiert werden.

H2R – Voraussetzung für die Anwendung von Grünem Wasserstoff in der Industrie

Neben der Erprobung und Entwicklung von Brennstoffzellen und dem Ausbau der benötigten Infrastruktur ist eine Modernisierung bestehender Anlagen erforderlich, um Wasserstoff künftig stärker nutzen zu können. Bei der Energieversorgung bedarf es der sogenannten H2R (H2-ready)- Anlagen, die auf eine Ausweitung der bisherigen 10 % Wasserstoffanteil im Gas auf 30 % und mehr ausgelegt sind. Planen Sie einen Austausch bestehender Heizungsanlagen, empfiehlt sich die Beratung von Expert:innen, um auf die zukunftsträchtige Anwendung von Grünem Wasserstoff in der Industrie oder Gewerbe vorbereitet zu sein.